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Interview mit Steinmetzbetrieb Tobias Neubert

Der Steinmetzbetrieb von Tobias Neubert ist ein Traditionsunternehmen in einem historisch gewachsenem Handwerk. Doch mit dem Wachstum des Unternehmens stießen die bisherigen Strukturen und Arbeitsweisen an ihre Grenzen. Mithilfe der Prozessberatung im Rahmen von unternehmensWert:Mensch hat der Handwerksbetrieb die Weichen in Richtung Mitbestimmung gestellt und gemeinsam mit allen Beschäftigten an Lösungswegen gearbeitet.


Mit welchen Herausforderungen sahen Sie sich zu Beginn des Prozesses konfrontiert?


Ich habe mich 1991 als Steinmetz selbstständig gemacht. Das Unternehmen ist besonders in der ersten Zeit schnell gewachsen – jedoch ohne, dass sich die Strukturen an diese neuen Dimensionen angepasst hätten. Dass dies einmal zum Problem werden könnte, wurde mir erst dann bewusst, als ich mit dem Alter immer stärker bemerkte, dass ich in meiner Führungsposition nicht alle Probleme lösen kann. Mir wurde klar: Man braucht Strukturen, in denen die Mitarbeitenden einbezogen werden. Wenn mehr Leute involviert werden, entstehen bessere Ideen, und man kann sich gegenseitig korrigieren. Bei uns ging es also zunächst darum, eine Gesprächs- und Diskussionskultur zu etablieren, in der wir alle gemeinsam offen, ehrlich und durchaus auch kontrovers miteinander in den Austausch treten können.


Wie lief die Beratung ab und auf welche konkreten Maßnahmen haben Sie sich verständigt?


Wir haben sowohl in der Gruppe als auch in Einzelgesprächen erörtert, wie wir arbeiten möchten und auch, wo noch Verbesserungen möglich sind. Dadurch, dass ich als „Chef“ nicht bei allen Gesprächen mit der Prozessberaterin dabei war, konnten die Mitarbeitenden noch offener sprechen. Dies hat uns geholfen, vielen Dingen genauer auf den Grund zu gehen. Vor allen Dingen ist uns klargeworden, dass wir Veränderungen nur gemeinsam entwickeln und tragen können.

In den gemeinsamen Gesprächen haben wir die persönlichen Stärken und Schwächen der einzelnen Mitarbeitenden herausgearbeitet und darauf aufbauend Aufgabenbereiche und Verantwortlichkeiten festgelegt. So hat unsere Arbeit eine neue Struktur erhalten, die eine gute Leitplanke und Orientierungshilfe bietet.

Eine erste konkrete Maßnahme war die Einführung einer Beratungsrunde des „Bau-Teams“ und des „Büro-Teams“, die nun einmal in der Woche stattfindet. Hier tauschen wir uns gemeinsam über die aktuellen Aufträge und Anforderungen auf den jeweiligen Baustellen aus. Was ich als Chef daran schätze, ist, dass die Mitarbeitenden nicht ausschließlich mit mir, sondern auch untereinander immer stärker ins Gespräch kommen. Dies ist ein Lernprozess, der sich immer noch fortsetzt. So ist es mir möglich, einen Teil der Verantwortung abzugeben, während die Mitarbeitenden direkt von den Erfahrungen und dem Wissen der anderen profitieren.


Können Sie bereits Veränderungen bemerken und wurden bereits konkrete Ergebnisse erzielt? Und wie konnten Sie diese erreichen?


Dass sich jeder einzelne eigenständig Gedanken über seine Aufgaben und Arbeitsbereiche macht, ist die prägendste Veränderung im Betrieb. Wir arbeiten stetig daran, dieses Bewusstsein und die Eigenständigkeit zu stärken. Generell wird seitdem mehr miteinander geredet. Mir war es wichtig, den ehrlichen und offenen Austausch untereinander zu fördern. Dabei geht es auch darum, zu vermitteln, dass das Wissen und die Meinung aller Beschäftigten gefragt sind. Und dass wir auch kritische Stimmen und Meinungen hören möchten.

Gerade stehen wir zum Beispiel vor der Unternehmensentscheidung, einen Steinbruch neu zu eröffnen. Mir persönlich ist noch nicht ganz klar, ob und wie das Projekt funktionieren wird. Trotzdem ist es mir wichtig, ergebnisoffen an diese Herausforderung heranzutreten und gemeinsam mit den Beschäftigten verschiedene Ansätze und Szenarien durchzuspielen. Das gilt für viele Entscheidungen, die ich früher alleine getroffen hätte. Müssen wir zum Beispiel spontan auf einer neuen Baustelle einspringen, machen wir uns gemeinsam Gedanken darüber, wie wir die neue Belastung aufteilen. Wenn eine Entscheidung gemeinsam getroffen wurde, sind Verständnis und Akzeptanz einfach wesentlich größer.


Was glauben Sie hat in Ihrem Unternehmen zum Erfolg der Beratung beigetragen?


Grundsätzlich waren es drei Faktoren, die unseren Erfolg beeinflusst haben. Der erste Faktor war die Einsicht, dass sich etwas ändern muss. Ich habe 2014 auch aus gesundheitlichen Gründen festgestellt, dass der Betrieb auch ohne mich als „zentrale Schnittstelle“ funktionieren muss. Den zweiten Faktor bildeten meine Mitarbeitenden, die mir signalisiert haben, dass auch sie eine Veränderung begrüßen und mittragen würden. Der dritte Faktor war unsere Prozessberaterin. Sie hatte ein gutes Händchen dafür, unsere individuellen Stärken und Schwächen zu erkennen und zu benennen. Dadurch haben wir viel über uns gelernt.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Prozess ist: Der Erfolg ist nicht statisch, wir müssen stetig weiter an uns und an unserem Team arbeiten. Genau das haben wir vor.

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