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Interview mit Osman Kalkinc, Restaurant Alt Borkum

Demografischer Wandel und Fachkräftemangel machen sich in der Dienstleistungs- und Gastronomiebranche besonders stark bemerkbar. Osman Kalkinc, Geschäftsführer des Restaurants Alt Borkum erklärt im Interview, wie er gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Lösungen gesucht und gefunden hat. Die Beratung durch unternehmensWert:Mensch half ihnen dabei, aus den angeschobenen Maßnahmen langfristige Perspektiven für das Unternehmen zu entwickeln.


Herr Kalkinc, mit welchen Herausforderungen sahen Sie sich in Ihrem Unternehmen konfrontiert?


Seit 1987 bin ich in Deutschland und habe erst mit meinem Vater zusammen und später alleine den Gastronomiebetrieb geführt. Vor sechs Jahren habe ich das Restaurant stark erweitert und dann bemerkt, dass wir in dieser neuen Größenordnung an unsere Grenzen stoßen und an unserer Personalführung arbeiten müssen. Vorher habe ich kleinere Geschäfte geführt, in denen ich die meiste Arbeit selbst verrichten konnte. Es war also nicht nötig, Verantwortung abzugeben, Aufgaben zu delegieren oder sich Gedanken zu machen, wie ich Stärken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erkennen und fördern kann.

Nach der Vergrößerung habe ich zunächst auch weiterhin die meisten Aufgaben übernommen. Jedoch wurde mir schnell bewusst, dass ich meine Mitarbeitenden befähigen muss, selbständig zu arbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Also habe ich einige Seminare  zum Thema Personalführung belegt. Danach sind mir in unserem Arbeitsalltag bereits viele Verbesserungsmöglichkeiten aufgefallen. Bei dieser tiefergehenden Beschäftigung mit den Themen Führung und Verantwortung wurde mir klar, dass ich zwar eine Vision und ein persönliches Leitbild habe, jedoch keine konkreten Instrumente, um die Ideen auch umzusetzen.

Eine zweite Herausforderung stellt der Fachkräftemangel in der Gastronomiebranche dar. Nicht nur der demografische Wandel und die Tatsache, dass ein Industriearbeiter mehr als ein Dienstleiter in der Gastronomie verdient, sind dafür verantwortlich. Auch wir als Arbeitgeber haben in der Vergangenheit einiges versäumt, vor allem in der Wertschätzung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das hat dazu geführt, dass wir jetzt schwer Nachwuchs finden.

 


Wie lief die Beratung ab und auf was haben Sie sich mit Ihren Beschäftigten verständigt?


Die Beratung belief sich bei uns auf insgesamt fünf Tage. Am Anfang stand die Themen- und Ideensuche im Vordergrund. Die Beschäftigten und ich haben gemeinsam unsere Gedanken darüber zusammengetragen,  was wir in unserem Betrieb in Bezug auf die Personalführung, den Wissenstransfer oder die Personalentwicklung verändern möchten. Konkret haben wir eine Verbesserung des betrieblichen Zeitmanagements vorgenommen und eine klarere Organisationsstruktur, beispielsweise mithilfe eines Küchenhandbuchs und einer genauen Aufgabenverteilung, herausgearbeitet. Wichtige Themen waren außerdem die Kommunikation, der Umgang mit Kundschaft oder eine neue Speisekartengestaltung.

Besonders intensiv haben wir uns mit der Entwicklung eines gemeinsamen Leitbildes beschäftigt. Mithilfe eines Fragespiels haben sich die fünf Werte herauskristallisiert, welche wir uns für eine bessere Zusammenarbeit gegenseitig vorleben möchten: Harmonie, Respekt, Ehrlichkeit, Hilfs- und Verantwortungsbereitschaft.

 


Können Sie schon Veränderungen bemerken, oder wurden bereits konkrete Ergebnisse erzielt?


Eine erste große Veränderung ist die Einführung von schriftlichen Arbeitsplänen. Früher ging jede Person ihren Routinetätigkeiten nach, ohne die Arbeitsschritte der anderen Beschäftigten zu kennen. Gerade wenn jemand krank geworden war, führte dies zu Problemen und psychischer Belastung. Nun herrscht mehr Klarheit.

Des Weiteren führen wir neben Teambuilding-Coachings wöchentliche Team-Besprechungen durch, bei denen über Probleme geredet oder auch neue Ideen für das Restaurant entwickelt werden. Jede Entscheidung wird zusammen diskutiert, beschlossen und umgesetzt. Nicht mehr ich als Geschäftsführer gebe Anweisungen vor, sondern alle partizipieren am Entscheidungsprozess und lernen so selbständig und in eigener Verantwortung zu arbeiten. Auch werden die Feedback-Bögen der Gäste zum Essen jetzt nicht mehr durch mich sondern durch die Beschäftigten ausgewertet, was das Problemlösebewusstsein der Beschäftigten fördert.

Durch die Prozessberatung haben wir insgesamt einen viel besseren Zusammenhalt und ein gemeinsames Verantwortungsgefühl. Ich kann immer stolzer sagen: Wir arbeiten mit Freude zusammen, haben mehr Spaß an der Arbeit, lösen Probleme gemeinsam und teilen unseren Erfolg.

 


Was glauben Sie, hat in Ihrem Unternehmen zum Erfolg der Beratung beigetragen?


Die Veränderungen wurden nicht durch mich als Geschäftsführer beschlossen, sondern gemeinsam mit der ganzen Belegschaft. Alle Beschäftigten denken nun unternehmerisch mit.

Mein Wunsch und Ziel ist es, dass der Veränderungsprozess in unserem Betrieb erst angefangen hat und in fünf bis sieben Jahren die Verantwortung komplett auf allen Schultern verteilt ist. Ich persönlich möchte in den nächsten Jahren darauf hinarbeiten, genau dies zu erreichen: ein komplett mitarbeitergeführtes Unternehmen ohne Vorgaben von oben.

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